Swipe Back! Starke Jugend – Starker Widerstand

Ein politisches Kunstprojekt im Jugendzentrum Fuchsbau mit Jugendlichen in Berlin-Reinickendorf
gefördert durch die Partnerschaft für Demokratie Berlin-Reinickendorf im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“

Im Rahmen des Projekts haben die Künstlerinnen Maria Steinmetz und Annika Gemlau zusammen mit unterschiedlichen Jugendgruppen in den Räumlichkeiten des Haus der Jugend Fuchsbau in Berlin-Reinickendorf zum Thema Widerstand gearbeitet.

Der Begriff des Widerstands war für viele Jugendliche im ersten Moment abstrakt und nicht klar definierbar. Deshalb wurden Phänomene des politischen Widerstands nahbarer gemacht, indem die Biografien berühmter und alltäglicher Personen gemeinsam mit den Jugendlichen beleuchtet und künstlerisch nacherzählt wurden. Dazu wurden Formen von Widerstand in vier historische Phasen, die Berlin in den letzten 100 Jahren stark geprägt haben, in den Fokus genommen: während der NS-Zeit, in der Nachkriegszeit, in Zeiten von BRD und DDR sowie seit dem Mauerfall bis heute.

Angepasst an die individuellen Bedürfnissen und Kapazitäten sowie an das historische Vorwissen der Schüler:innen gestalteten die Künstlerinnen einen spielerischen und anschaulichen Einstieg ins Thema. Die Aktivierung der eigenen Lebenswelt der Jugendlichen stand dabei im Vordergrund. Nach ein bis zwei Kennenlernspielen näherten sich die Jugendlichen dem Konzept des Widerstands mit Hilfe einer Barometer-Methode an. Sie lasen verschiedene Kärtchen mit Beispielsituationen aus Alltag, Medien und Geschichte vor, die sie gemeinsam an einer Leiste von 0 (keine Form des Widerstands) bis 10 (eine sehr mutige Form des Widerstands) platzieren sollten. Die daraus entstehenden kontroversen Diskussionen untereinander sensibilisierten die Jugendlichen für die vielen Faktoren, welche Akte des Widerstands je nach Kontextualisierung in dem einen oder anderen Licht stehen lassen. Die Wahrung der Menschenrechte wurde dabei zum Maßstab.

Nun konnten die Schüler:innen wählen, mit welchem Medium sie im Anschluss arbeiten wollten: Sie konnten zwischen der Erstellung eines Trickfilms mit Hilfe der App StopMotion und dem Zeichnen eines Comicstrips mit Acrylmarkern und Graffiti wählen.
Zum Teil hatten die Schüler:innen inzwischen genug Inspirationsquellen und Faktenwissen, auf deren Basis sie nun eigene narrative Kunstwerke erstellten. Bei Bedarf wurde noch eine Methode eingeschoben, bei der die Schüler:innen auf Moderationskarten Themen notieren sollten, die sie persönlich im Alltag besonders unfair finden. Auf dieser Grundlage konnten die Workshopleiterinnen dann zusammen mit den Schüler:innen nach Brücken suchen, die diese persönlichen Leidthemen mit den Menschenrechten verknüpfen und wie die Schüler:innen für deren Einhaltung kämpfen können.

Auf der Grundlage der Figuren und Themen aus Comic- und Videoworkshops erarbeiten die beiden leitenden Künstlerinnen zusammen mit einzelnen Schüler:innen und Besucher:innen vier Wandgemälde. Diese greifen zum Teil einzelne Widerstandsbiografien der jeweiligen Epochen auf, zum Teil deuten sie aber auch auf die Vielfalt von Widerstandskämpfer:innen hin, deren Geschichten, Namen und Biografien oftmals unter die Räder der Geschichtsschreibung kamen.

Die Wandbilder schmücken die Wände der Flure des Fuchsbaus und wurden im Rahmen der Abschlussfeier eingeweiht. Sie bieten den Besucher:innen niedrigschwellige historische Bildungseinheiten „im Vorbeigehen“: Anne Frank, Rukeli Trollmann und Sophie Scholl und die Flugblätter der Weißen Rose, aber auch unbekanntere Geschichten, wie die von Philomena Franz, Josef Muscha Müller und Oskar Rose … Durch die zum Teil bekannten Gesichter, Namen und Symbole werden den Besucher:innen nachhaltig Anknüpfungspunkte geboten, sich historisch zu orientieren. Gleichzeitig lassen die Gemälde durch Symbole, noch unbekannte Gesichter und Namen, uneindeutige Zusammenhänge, Broschüren und QR-Codes genug Fragen offen, welche die Betrachter:innen einladen, den Spuren zu folgen, um mehr über den Widerstand von Sinti und Roma gegen ihre anhaltende Verfolgung und Diskriminierung zu erfahren.

1945 endet offiziell das Regime der Nazis. Die systematische Verfolgung und Diskriminierung von Sinti und Roma wird jedoch nach kurzer Unterbrechung auch nach 1945 fortgesetzt.

1948 – die Erklärung der Allgemeinen Menschenrechte wird von der UNO veröffentlicht, doch die Realität mahnt dennoch immer wieder: In den Genuss dieser universellen Rechte kommen längst nicht alle Menschen auf dieser Welt.

Artikel 1: Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechen geboren.
Artikel 2: Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied […]
Artikel 3: Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.
zit. aus der Allg. Erklärung der Menschenrechte

Zur Doku Der lange Weg der Sinti und Roma, die von dem langen Kampf der Sinti und Roma gegen strukturelle Diskriminierung und Verfolgung berichet. Erst 1982 erkennt die Bundesrepublik Deutschland den Massenmord an den Sinti und Roma als Völkermord an. Der strukturelle Rassismus ihnen gegenüber endete jedoch auch damit nicht und hält bis heute an …

Es reicht nicht aus, Antisemitismus bekämpfen zu wollen, solange nicht auch die faschistischen Diskurs- und Herrschstrukturen anzugehen, aus denen der westlich-europäische Antisemitismus hervorgegangen ist. Diese faschistischen und zutiefst menschenverachtenden Denk- und Herrschstrukturen führten nicht nur diversen Massenmorden an Menschen in Europa, sondern bereits zwischen 1904 und 1908 zum Genozig an den Herero und Nama im heutigen Namibia. Die deutsche Gesellschaft kann sich niemals von der Verantwortung für dieses Leid freimachen – auch nicht, indem sie anderen Völkern Antisemitismus vorwirft.

Nachgedacht über das Thema Widerstand haben Schüler:innen der Paul-Löbe-Schule und aus dem Projekt „Fit für die Schule“.

Projektdurchführung: Maria Steinmetz und Annika Gemlau für Aufwind e.V. / Haus der Jugend Fuchsbau.
Musik: Julia Grauberger

Kooperationspartner:innen

Partnerschaft für Demokratie Berlin-Reinickendorf
Haus der Jugend Fuchsbau
Fit für die Schule – Fuchsbau
Willkommensklasse der Carl-Bosch-Schule
Vier 7. Klassen der Paul-Löbe-Schule
Wahlpflichtbereich Kunst (9. Klasse) der Paul-Löbe-Schule
Ferienschule des Fuchsbaus (Herbstferien)
Gedenkstätte Deutscher Widerstand